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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: 4 WF 26/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 115 Abs. 3 |
2. Bei der Frage, ob der Partei eine Kündigung ihres Lebensversicherungsvertrages zumutbar ist, um damit die Prozesskosten zu bezahlen, sind jeweils die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Beschluss
Geschäftszeichen: 4 WF 26/07
In der Familiensache
hat der 4. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen durch die Richter Wever, Schumann und Schilling auf die Beratung vom 15. Februar 2007 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen-Blumenthal vom 24. November 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Antragsgegner begehrt Prozesskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren.
I.
Das Familiengericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsgegner könne seine Kapitallebensversicherung bei der V. mit einem aktuellen Rückkaufswert von mehr als 6.200 € für die Prozesskosten einsetzen. Mit Blick auf das Alter des Antragsgegners von 40 Jahren und seine übrige Altersversorgung sei das zumutbar. Auf die Frage, ob sein Vermögenssaldo "unterm Strich" negativ ausfalle, komme es nicht an.
Hiergegen hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567, 569 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat, hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Familiengericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt. Das gilt sowohl hinsichtlich der Frage, wie im Rahmen des § 115 Abs. 3 ZPO zu verfahren ist, wenn eine negative Vermögensbilanz vorliegt, als auch hinsichtlich der Zumutbarkeit des Einsatzes der Lebensversicherung.
1. Die Auffassung des Antragsgegners, es müsse immer dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die Verbindlichkeiten höher seien als die Aktiva, geht fehl. Zwar ist es richtig, dass die Partei ihr Geld grundsätzlich dann nicht zur Zahlung von Prozesskosten einsetzen muss, wenn die Schulden ihre verwertbaren Vermögenswerte übersteigen (BAG, Beschluss vom 22. Dezember 2003 - 2 AZB 23/03 - Rn. 19, zitiert nach JURIS). Dabei muss es sich aber um fällige Schulden handeln, die von der Partei auch bezahlt werden (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 115 Rn. 46). Wenn die Schulden allerdings - wie hier - in langfristigen Raten zu tilgen sind, darf die Partei sie nicht vorzeitig begleichen, sondern muss mit dem vorhandenen Geld die Prozesskosten bezahlen (vgl. BGH, FamRZ 1999, 644; LAG Hamm, Beschluss vom 20. Juni 2006 - 5 Ta 185/06 - Rn. 11, zitiert nach JURIS; Zöller/Philippi, a. a. O.).
2. Zu Recht hat das Familiengericht auch entschieden, dass bei der hier vorliegenden Fallkonstellation der Einsatz der Kapitallebensversicherung bei der V. zumutbar ist.
a) Ob der Partei eine Kündigung ihres Lebensversicherungsvertrages zumutbar ist, ist umstritten (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn. 327, m. w. Nachw.). Nach zutreffender Auffassung kann diese Frage nicht pauschal beantwortete werden. Vielmehr sind jeweils die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (so auch OLG Köln, FamRZ 2001, 632, 633).
b) Die durchzuführende Einzelfallprüfung ergibt, dass dem Antragsgegner die Kündigung seiner Kapitallebensversicherung bei der V. , deren Rückkaufswert sich nach seinen Angaben zum 1. August 2006 auf einen Betrag von 6.244,70 € belief, zuzumuten ist.
Der Antragsgegner, der ausweislich der - in der von ihm vorgelegten Gehaltsbescheinigung für August 2006 ausgewiesenen (vgl. Bl. 54 Pkh-H) - Jahressummen inklusive Weihnachts- und Urlaubsgeld über ein Jahresbruttoeinkommen von rund 55.000 € verfügen dürfte, kann neben seiner gesetzlichen Rentenversicherung noch auf verschiedene andere Altersversorgungen zurückgreifen. So hat den Angaben des Antragsgegners zufolge sein Arbeitgeber für ihn eine Kapitallebensversicherung in Form einer Direktversicherung abgeschlossen. Darüber hinaus verfügt er über eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung ("soziale Zukunftssicherung"), die ausweislich der Bescheinigung der E. vom 23. August 2006 zum 31. August 2006 einen Stand der Versorgungsleistungen von 30.875,96 € aufwies (vgl. Bl. 32 Pkh-H). Schließlich ist der Antragsgegner Versicherungsnehmer einer weiteren Kapitallebensversicherung; Versicherte ist seine Ehefrau. Dass es dem Antragsgegner bei dieser Versorgungslage zumutbar ist, die eingangs genannte Lebensversicherung zu kündigen, bedarf keiner weiteren Darlegungen.
Dass die Verwertung der Lebensversicherung für den Antragsgegner aus anderen Gründen unzumutbar ist, ist trotz Hinweises des Familiengerichts auf die Zumutbarkeit ihres Einsatzes vom hierfür darlegungsbelasteten Antragsgegner (vgl. OLG Köln, FamRZ 2001, 632, 633) nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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